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Elemental Masters (DSiWare)
Die Luft ist stickig und leichter Schweißgeruch mischt sich zu dem süßlichen Aroma von zuckerhaltigen Erfrischungsgetränken. In einer dunklen Ecke hat sich eine kleine Gruppe von Jugendlichen an einem Tisch zusammengefunden, um ihrem Hobby zu frönen. Völlig abgekapselt von dem Rest der Anwesenden bilden sie ihre eigene Einheit. Und doch stellt man auch unter ihnen zwei Lager fest: Abwechselnd stecken sie die Köpfe zusammen um im Geheimen zu beraten. Halblaute Wortfetzen dringen zu den unbeteiligten Zeugen dieser ominösen Versammlung herüber: …Ebene … Trampelschaden … Tappen … Mana … All jene, die nicht zu den Eingeweihten gehören, schütteln nur verständnislos den Kopf und bedenken diese NERDS höchstens noch mit einem milden Lächeln. Aber diese lässt das völlig kalt. Zu tief sind sie in ihrem Kartenspiel versunken, um davon Notiz zu nehmen. Seit gut und gerne zwanzig Jahren findet man derartige Szenarien in Jugendheimen und Schulhöfen auf vermutlich der ganzen Welt: Trading Card-Spiele ziehen spätestens seit der Einführung von Magic: The Gathering die Jugend in ihren Bann. Doch nicht zuletzt deren Kostenintensivität hat neben regelmäßig abgebrannten Jugendlichen auch zu diversen Versoftungen geführt. Eine solche ist nun auch das DSiWare-Erstlingswerk der Berliner Softwarefirma lbxgames, "Elemental Masters".

Der vorliegende Titel entführt den Spieler in die phantastische Welt von Grimmeria, einem Land, das - noch immer gezeichnet von den schon lange vergangenen Kriegen der Elemental Masters - nun erneut unter einem aufkeimenden Übel leidet. Im Story-Modus darf man sich als einer von drei verschiedenen Charakteren auf eine Reise in die Selbsterkenntnis und zur Rettung der Welt aufmachen. Dabei bestreitet man in 16 Gebieten unzählige Kämpfe gegen die Schergen der Finsternis, die sich dem wackeren Helden in den Weg stellen, die Macht über die vier Elemente zu erlangen. Geleitet wird man von einem mysteriösen alten Mann, der offensichtlich noch andere Ziele verfolgt, als nur einen ruhigen Ort für seine letzten Lebensjahre zu finden. Bei der Erforschung des Kontinents lockern feste Storyelemente und gut gelungene Beschreibungen der verschiedenen Lokalitäten den stressigen Kämpferalltag auf, was streckenweise an ein Soloabenteuer aus Tabletop-Zeiten erinnert. Erst nach und nach erhält der Spieler einen tieferen Einblick in die Abgründe der Seele seines Alter Egos und dessen Geschichte.

Doch bevor man sich ans muntere Spielen machen kann, sollte man erst einmal einen Blick in die Spielanleitung werfen. Leider findet man im Spiel selbst keinerlei Tutorial oder andere Hinweise auf den Spielverlauf, der hoch komplex und alles andere als offensichtlich oder gar leicht verständlich ist. Bei "Elemental Masters" werden Kämpfe mit Spielkarten ausgetragen. Jede Karte entspricht einer Kreatur, die einem der vier Elemente - Erde, Feuer, Luft und Wasser - zugeordnet ist. In einem Kampf ist es das Ziel, auf dem 3x3-Felder messenden Spielfeld so viele gegnerische Karten wie möglich zu "erobern". Da der Feind seinerseits aber auch alles daransetzen wird zu gewinnen, muss durchaus auch mal die eine oder andere eigene Karte "zurückerobert" werden. Dies geschieht mit den vier kreuzförmig angeordneten Werten auf jeder Karte. Jede Zahl entspricht dabei sowohl dem Angriffs- als auch dem Verteidigungswert in der entsprechenden Richtung. Der niedrigste Nennwert ist die "1", der höchste das "A", wobei stets der höhere Wert gewinnt. Diesen Vorgang hat man schnell verinnerlicht, was man allerdings nicht unbedingt von den Spielregeln behaupten kann.

Jeder Kampf findet unter bestimmten Regeln statt. Neben den "normalen" Regeln gibt es allerdings noch die ziemlich komplexen "Summen-" und "Gleich-Regeln". Die Normalregel hat man schnell begriffen - stellt sie ja die Standard-Eroberungsvoraussetzung dar: Ist der Wert der eigenen Karte höher, erobert man die gegnerische Kreatur. Die anderen Regeln finden Anwendung, sobald man eine Karte zwischen zwei andere legt. Bei der Summenregel wird erobert, sofern das Ergebnis von Angriffs- und Verteidigungswert zusammengezählt, in der einen Richtung dem Wert der Summe in der anderen Richtung entspricht. Analog verfährt man bei der "Gleich-Regel". Dass man es versäumt hat dieses Regelwerk in einem anschaulichen Tutorial zu erklären, ist eine massive Schwäche des Spiels, da man aus der Spielanleitung nur bedingt schlau wird und folglich erst nach vielen zeitintensiven Trial&Error-Anläufen wirklich versteht, worum es eigentlich geht. Im Story-Modus ist dies dann umso bitterer, da man bei jedem verlorenen Kampf Karten einbüßt.

Der Gewinner eines Duells darf sich anhand bestimmter Regeln aus dem "Deck", also den Spielkarten des Verlierers, eine oder mehrere aussuchen, die er dann fortan selbst einsetzen darf. Abgesehen von den "Schwarzmärkten" ist dies die einzige Option, die man hat, um weitere und bessere Karten zu erlangen. Erreicht man einen der wenigen Märkte, hat man die Möglichkeit, fünf Karten eines niedrigeren Werts gegen eine höherwertige einzutauschen. Ergo bietet es sich an bei schwächeren Gegnern öfter mal vorbei zu schauen, um bei ihnen Karten zu "farmen", die man schleunigst in bessere umtauscht. Auf diese Weise erleichtert man sich das Vorankommen ungemein. Allerdings helfen bei den Bosskämpfen oft auch die besten Karten nichts, wenn man nicht die Regeln beherrscht, die dann der einzige Weg zum Erfolg sind.

Bei den speziellen Bossfights schult man seine Fähigkeiten in der Beherrschung der vier Elemente, was sich in der Verfügbarkeit neuer Zaubersprüche manifestiert. Neben dem charaktertypischen Zauberspruch kann man so noch vier Elementarzauber erlernen, die mächtige neue Spielzüge erlauben. Aber auch die Standard-Zauber der drei Klassen sind nicht ohne: Der Nachtelf verfügt über einen "Tausch-Zauber" mit dem eine bereits gelegte Karte ausgetauscht werden darf. Der Dieb kann eine Kreatur "verstecken", so dass gegen sie eine Runde lang keine Angriffe möglich sind und der Krieger verfügt sogar über den mächtigen "Raserei-" Spruch, der für die Dauer eines Angriffs die Werte der verzauberten Karte verdoppelt.

Neben dem durchaus gelungenen Story-Modus findet man auch einen Modus, der sich "Freies Spiel" nennt. Dort darf man in loser Abfolge gegen Gegner seiner Wahl antreten. In ganzen 87 Levels hat man also auch hier die Möglichkeit seine Kräfte mit der KI zu messen. Dieser Modus unterteilt sich in vier Schwierigkeitsstufen, die es streckenweise echt in sich haben und alles an strategischem und taktischem Können vom Spieler abverlangen werden.

Bei lbxgames hat man sogar an einen Multiplayer-Part gedacht. Dabei tritt man auf einem DSi gegen einen Freund an. Gespielt wird nach dem "Hot-Seat-Verfahren": Hat man seinen Zug vollendet, gibt man den DSi weiter, so dass nun der Gegner seine Karte spielen kann. Da man - egal ob Multiplayer oder nicht - ohnehin immer die gegnerischen Karten sieht, erreicht das Taktieren hier eine Stufe, die sich schon fast mit der einer Schachpartie vergleichen lässt. Und gerade die Unberechenbarkeit des Gegenübers macht so den besonderen Reiz aus. Die enorme Fülle an verschiedenen Einstellungsmöglichkeiten, die man vor Beginn einer Partie tätigen muss, ist jedoch recht zeitintensiv und kann mitunter schon mal länger als der eigentliche Kampf dauern. Dies muss nicht unbedingt schlecht sein - steht es ja für Benutzerdefinierung in Höchstform und schlicht und ergreifend für den enormen Umfang der Reglementierung. Allerdings sollte auch nicht verschwiegen werden, dass man erst einmal jemanden finden muss, der mit der unglaublichen Komplexität des Spiels vertraut ist, oder der bereit dazu ist, eingelernt zu werden.

All das findet in einer recht passablen grafischen Umgebung statt. Besonders die Storyelemente werden in teilweise an antike Wandmalereien erinnerndem Stil erzählt und passen auch sonst recht gut zu dem Look des Spiels. Es wurde ein in sich stimmiges Konzept entworfen, das einen sehr schönen Eindruck dieses doch so düsteren Landes und dessen Bewohner vermittelt. Die Kreaturen, gegen die man ins Feld zieht, sind durch die Bank auch als Spielkarten zu finden, was zwar einerseits sehr nach einfallslosem Recycling schreit, aber andererseits nicht wirklich negativ auffällt oder in irgendeiner Weise den Spielspaß schmälern würde, da sie sehr einfallsreich und phantasievoll gestaltet sind und viele "alte Bekannte" des Phantasy-Genres mit neuen Unholden vermengen.
Musikalisch ist leider nicht so viel geboten. Bewegt man sich auf der Karte umher, gibt es lediglich zwei verschiedene Hintergrundthemen. Bei den Kämpfen sogar nur eines. Diese sind allerdings angenehm stimmig und passen gut zu der Abenteuerthematik des Spiels. Auf Dauer jedoch fehlt dann etwas die Abwechslung darin.
Die Kontrolle über das ganze Geschehen behält man am besten mit dem Stylus. Die Tasten-Variante dient lediglich als Ergänzung des Touchpens, auf die man aber auch hätte verzichten können. So kommt man nicht ohne den kleinen Stift aus, weil man ohne ihn nicht jede getroffene Auswahl bestätigen könnte.

Fazit:
"Elemental Masters" ist eine unglaublich komplexe, RPG-lastige Umsetzung eines Trading Card-Games, die definitiv ihr Geld wert ist. Allerdings erfordert sie einiges an Einarbeitungszeit, bis man sich mit der Materie vertraut gemacht hat. Sowohl der Story-Modus als auch das freie Spiel wissen sehr zu gefallen und bieten einiges an langanhaltendem Spielspaß, der durch die insgesamt drei Charakterklassen noch verstärkt wird. Leider verfolgt man stets dieselbe Story, was die Begeisterung doch etwas bremst. Die taktischen Möglichkeiten, die jede Spielfigur bietet, sowie die Vielzahl an verschiedenen Karten und den daraus resultierenden Spielvarianten macht das aber wieder wett. Hier sollten nicht nur Fans von Magic und Co. zuschlagen - Freunde gepflegter Strategiespielkost im Abenteuergewand sind mit einem Download definitiv gut beraten. (Michi)

Pluspunkte:
+ Drei Charakterklassen
+ Zwei fordernde Spielmodi
+ Stimmiges, grafisches Konzept
+ Detailverliebte Spielwelt
+ Mehrspielermodus
+ Komplett in deutscher Sprache

Minuspunkte:
- Kein Tutorial für das komplexe Spielprinzip
- Auf Dauer wenig abwechslungsreiche Musik
- Gleicher Story-Modus für die drei Charakterklassen

Wertung:
Einzelspieler: 8,5

Screenshot 1

Screenshot 2

Preis: 800 Nintendo Punkte

news@mag64.de (02.04.2010)

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