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Mario Kart 64 (Virtual Console | N64)
Spiele sind ebenso wie Musikstücke oder Filme bestens dafür geeignet, bestimmte Lebensabschnitte mit ihnen zu verbinden. Nicht jedes Spiel erlangt diesen hehren Ruhm, aber hin und wieder treten Meilensteine in unser Leben, die man so schnell nicht vergisst und mit denen eine ganz bestimmte Zeit untrennbar verknüpft ist. An was denkt ihr, wenn der Name Mario Kart 64 fällt? Vielleicht geht es einigen wie mir, der ich an eine grandios unbeschwerte Jugend zurückdenke, der ich mit schelmischem Grinsen an die unzähligen verdaddelten Nachmittage denke, an unser kleines Trüppchen halbstarker Jungs, die sich stundenlang mit ausgeleierten Nintendo 64-Controllern in die vier Battle-Arenen des Spiels auf Ballonjagd wagten, ganz eigene Regeln erfindend, befreit von jeglichen Grafikdiskussionen und die Leichtigkeit des Seins genießend.

Auf dieser Basis einen halbwegs objektiven Test zu einem Urgestein der Videospielszene zu schreiben, dürfte schwerlich gelingen. Zumal es sich bei Mario Kart 64 um einen Titel handelt, den quasi jeder gestandene Videospieler kennt. Wie nicht anders zu erwarten, rast ihr auch hier mit Mario, Luigi und Co. über 16 unterschiedliche Fantasiekurse und ballert mit roten, grünen oder blauen Schildkröten um euch, legt Bananen, schleudert Blitze und erfahrt die Power der Sterne. Kalter Kaffee, sogar für Menschen, deren videospielerische Begeisterung erst mit der Wii und Mario Kart Wii entfacht wurde. Tatsächlich bietet der Nintendo 64- Ableger der Rennspielserie von allem etwas weniger als seine modernen Geschwister. Neben dem bekannten Grand Prix-Modus (für bis zu zwei Spieler gleichzeitig), kann lediglich im TimeTrial-Modus die Bestzeit herausgefahren werden oder man wirft sich gleich in das Mehrspielergetümmel, wo entweder Rennen ausgefochten werden (ohne CPU-Gegner) oder Ballons zerstört werden müssen.

Wenn man das Pferd von dieser Seite aus aufzäumen möchte, scheint es keinen Reiz mehr zu geben, in die Welt von Mario Kart 64 abzutauchen. Die Wii-Spieler mögen denken, dass doch immerhin vier der 16 Kurse auch schon im Wii-Ableger dabei sind und es dann doch genug des Retro-Gehabes sein müsste. Aber so ganz stimmt das nicht. Denn gerade für Mehrspieler-Puristen eignet sich diese Variante des kultigen Kartspaßes auch noch heute. Die Versus-Rennen sind zwar ohne CPU-Gegner in der Theorie etwas weniger spannend als in der modernen Variante, lassen sich aber auch heute noch tadellos und ruckelfrei spielen, was für N64-Spiele nicht gerade die Regel darstellte. Die Duelle sind dabei umso spannender, als dass eine wunderbare Item-Balance vorherrscht. Weniger positionsgebunden kommen sie daher und die blaue Schildkröte taucht bei weitem seltener auf, als sie es heute tut. Außerdem: Nur hier gibt es die 5-fach-Bananen und ihren genialen Bowlingsound. Herrlich kultig. Und ein ganz klarer Pluspunkt ist natürlich das kooperative Spielen des Grand Prix-Modus‘. Zu zweit macht es einfach nochmal doppelt so viel Spaß, in den drei Klassen (50, 100, 150ccm) überall Gold zu holen, um anschließend im „Extra“-Modus alle Kurse gespiegelt fahren zu können. Während das Spiel übrigens sonst relativ langsam läuft und keinen wirklich wahren Geschwindigkeitsrauch entwickelt, so ist es aus heutiger Sicht doch äußerst charmant, dass es im 2-Spieler-Grand Prix-Modus der höheren Klassen plötzlich den Turbo rausholt und die Karts beinahe etwas zu schnell über die Piste hetzt. Wohl ein technisches Relikt der späten 90er Jahre. Ebenso irritierend ist das Fahrverhalten der CPU-Gegner. Die mithilfe schicker 2D-Sprites dargestellten Figuren fahren munter mal unerreichbar schnell, mal lasziv lahmarschig hintendran. Alles in allem orientieren sie sich an eurer Spielstärke und ziehen sich entlang an einem heimlich gespannten Gummiband. Modern ist das nicht, aber man fühlt sich zumindest scheinbar stets herausgefordert. Den Schwierigkeitsgrad des SNES-Vorgängers erreicht es aber niemals.

Am meisten lohnt sich Mario Kart 64 aber für zeitlich extensiv ausgedehnte Mehrspielergefechte im Battle-Modus. Kämpfte Super Mario Kart noch mit der Beschränkung auf zwei Spieler, litt Mario Kart: Double Dash an viel zu kleinen Arenen und verdarb Mario Kart Wii den Modus durch Teams, zwölf Spieler und Regeländerungen, so macht Mario Kart 64 beinahe alles richtig. Zwar werden nur vier Arenen geboten, aber allesamt sind sie Klassiker und superb zu spielen. Die Größe ist genau richtig, die Steuerung funktioniert hier so tadellos wie immer und dass es nur den einen essentiellen Spielmodus (Ballon-Jagd) gibt, ist ein größeres Geschenk als drei unnötig langweilige Modi. Heute wie damals macht es unglaublich viel Spaß, seine Gegner mit Schildkröten zu beschießen, fiese Item-Attrappen zu legen oder sein Gegenüber mit einem Stern über den Haufen zu fahren. Die Spielbalance ist dabei so perfekt, dass die Matches niemals zu kurz, aber auch zu keiner Zeit zu lang sind. Hat man alle drei Ballons verloren, fährt man als Bombe (!) weiter und darf sich sogar noch an seinem „Mörder“ rächen. Was haben wir dabei schon gelacht…oder geflucht.

Fazit:
Ja, Mario Kart 64 ist heute vielleicht keine Rennspieloffenbarung mehr. Zu mager der Umfang, zu limitiert die Optik, zu langsam die Geschwindigkeit. Dennoch ist jede Faser des Moduls Kult. Wenn das Spiel so viel Spaß macht, dass man es früher gefühlte 20-mal durchgespielt hat, ist der Umfang groß genug. Wenn die Grafik auch heute noch sauber und flüssig daherkommt, dann kann sie nicht rundheraus schlecht sein. Wenn die Geschwindigkeit ausreicht, um ein gutes Spielgefühl zu erzeugen, ist sie nicht langsam. Wenn dann noch die zahlreichen Stärken wie die Ohrwurmmusik, die genialen Streckenideen (z.B. Yoshis Valley), das ausgewogene Item-System und der unübertroffene Mehrspielermodus hinzukommen, dann können vielleicht all die Spieler, welche das Spiel nicht mehr im Original kennen, vielleicht verstehen, weshalb man Mario Kart 64 gespielt haben muss – Gummiband-KI hin, Umfang her. Man verzeiht dem Spiel fast alles, auch die langweilige Rainbow Road (7 Minuten lang!) oder die Tatsache, dass man nach jedem Abspann erst mal ausschalten muss.
Mario Kart 64 ist ein Juwel, dessen Kratzer die Schönheit nur hervorheben. (Hendrik)

Pluspunkte:
+ Nintendo 64- Klassiker
+ Grafik ruckel- und nebelfrei
+ ausgewogenes Item-System
+ herrlicher Mehrspielermodus
+ 2-Spieler-Grand Prix
+ kultige Musik (Abspann!)

Minuspunkte:
- Gummiband-KI
- über weite Phasen zu langsam
- nur 16 Strecken/ 4 Arenen
- kein freispielbarer Inhalt

Wertung:
Einzelspieler: 7,5
Mehrspieler: 9,0

Screenshot 1

Screenshot 2

Preis: 1000 Nintendo Punkte

news@mag64.de (03.09.2009)

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