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Swords & Soldiers (WiiWare)
Viele Genres hat man auf WiiWare schon gesehen und viele eignen sich perfekt für diese Plattform, vor allem, wenn es leicht zugängliche, flotte Spielprinzipe sind. Ein Genre ist bislang gar nicht zur Geltung gekommen und bis zu diesem Spiel habe ich mir eine Umsetzung auch sehr schwierig vorgestellt. Denn Swords & Soldiers führt das Strategiespiel auf Nintendos virtuellen Marktplatz ein. Wer nun an epische, oft behäbige Wälzer denkt, liegt dennoch falsch. Die Entwickler von Ronimo spendierten dem Spiel nämlich eine ganz besondere Perspektive.

So nennt sich das Spiel selbst „a 2D side-scrolling RTS“. Der ein oder andere wird sich nun verwundert die Augen reiben, aber tatsächlich: Hier bekommt ihr es mit einem 2D-Echtzeitstrategie-Titel zu tun. Nach Auswahl eines der sechs Speicherslots wagen wir uns gleich in den Einzelspielermodus, um dem Gameplay auf die Schliche zu kommen. Der Hauptmodus, der euch ungefähr vier bis fünf Stunden fesseln wird, heißt „Feldzug“. Ihr übernehmt der Reihe nach das Kommando über Wikinger, Azteken und Chinesen und erlebt im Prinzip ein und dieselbe Geschichte aus drei Perspektiven. Die Story ist dabei so Banane und irrsinnig, dass es eine Freude ist. Die Wikinger beispielsweise rücken zu Beginn des Spiels aus, weil Wattebart der Böse ihnen den liebsten Grill gestohlen hat. Die anschließende Reise verschlägt das wilde Völkchen dann in alle Himmelrichtungen quer über den Globus. Spannend ist was anderes, lustig sind die Storyfetzen aber allemal. Vor allem, weil die deutsche Übersetzung ausgesprochen gelungen ist und mit Wortspielen und kulturell angepassten Begriffen nur so um sich wirft.

Machen wir uns also auf, den Grill wieder heranzuschaffen, damit die Party steigen kann. Doch wir haben ein Problem: Die Wikinger haben all ihr Gold für Steaks und Grillwürstchen ausgegeben, sodass erst einmal Gold verdient werden muss. An dieser Stelle scheint es logisch, kurz die Spielwelt und -perspektive zu erläutern. Ihr befindet euch auf einer 2D-Karte, wie ihr sie aus den alten Super Mario-Spielen kennt. Zumeist befindet sich eure Basis im linken Bereich dieser Karte, die des Feindes im rechten Eck. Wie bei Strategiespielen üblich könnt ihr allerdings nicht sofort alles sehen. Zwar könnt ihr jederzeit mit dem Steuerkreuz die Kamera nach links und rechts fahren, doch verhindert der „Nebel des Krieges“ ein Blick auf die Gegner. Zur Orientierungshilfe befindet sich am unteren Rand des Bildschirmes auch noch eine Übersichtskarte, die alle wichtigen Elemente wie Türme, Goldbergwerke und Truppen anzeigt. In der Regel ist es das Ziel eurer heißhungrigen Wikinger, die Gegner – egal ob Azteken, Chinesen oder nur feindliche Wikinger – zu eliminieren. Dafür braucht es wie in jedem guten Strategiespiel Truppengewalt und einiges an Geschick. Truppen wiederrum kosten Gold und so ist die erste Aufgabe zu Beginn, Arbeiterinnen für das Goldbergwerk zu erschaffen. Das funktioniert ganz eingängig per Button am oberen Bildrand. Für jede Einheit gibt’s einen Knopf und einen weiteren für den Tech-Baum. Bei diesem entwickelt ihr euer Volk gegen Gold weiter. Am Anfang seid ihr noch sehr eingeschränkt und dürft lediglich den Berserker, einen Nahkämpfer, ausbilden. Später gebt ihr Unsummen an Gold aus, um neue Truppentypen zu entwickeln und damit die ganze Kraft eures Volkes auszuspielen. Ungewohnt ist die Tatsache, dass ihr das bei jedem der 30 Level aufs Neue tun müsst. Ihr startet also jedes Mal von vorn und das Prozedere des Arbeiterinnen-Erschaffens und der Weiterentwicklung des Tech-Baumes gerät irgendwann eher zur lästigen Pflicht. Hat man aber diese ersten Momente überstanden, offeriert das Spiel seine ganze Stärke. Die verschiedenen Einheitentypen sind abwechslungsreich und – vielleicht am wichtigsten bei einem solchen Strategiespiel – besitzen eine gute Balance. Dies ist umso wichtiger, als dass ja auch unterschiedliche Völker mit unterschiedlichen Einheiten aufwarten und jeder gegen jeden eine Chance haben muss. So werdet ihr in der Wikinger-Kampagne gegen die Azteken kämpfen, später aber auch unter umgekehrten Vorzeichen. Dieses Wechselspiel ist den Entwicklern erstaunlich gut gelungen. Jede Einheit hat seine ganz speziellen Schwächen und setzt man auf Monokulturen, wird es für jeden Gegner ein Leichtes sein, die entsprechende Kontertruppe aufzubieten. Natürlich gibt es Unterschiede hinsichtlich der Stärke, aber diese werden geschickt durch Differenzen bei den Kosten aufgewogen. Außerdem fällt auf, dass sich auch die Völker an sich unterscheiden. Während die Wikinger grobe Kraftprotze sind, die mit Schwert und Axt zu Werke gehen, gibt es solche Nahkämpfer zwar auch bei den Chinesen, aber tendenziell setzen diese eher auf Raketen und Tricktechnik. Das würzt die verschiedenen Kampagnen auch spielerisch nochmal. Vielleicht werdet ihr euch fragen, wie man denn mit all diesen Einheiten auf einem 2D-Spieldfeld überhaupt umgehen kann? Üblicherweise kann man seine Truppen ja in der Draufsicht steuern und sie so in geschickte Angriffs- oder Verteidigungspositionen bewegen. Diesen Bereich des RTS-Genres hat man hier nun simplifiziert. Ihr habt nämlich keine direkte Kontrolle über eure Einheiten. Klickt ihr auf den „Erstellen“-Button, dauert es eine kurze Zeit bis der Kämpfer entwickelt wurde und dann rennt er los. Er stürmt aus eurer Basis und geht unaufhaltsam seinen Weg bis er einen Gegner trifft. Diesen greift er dann an, besiegt ihn oder stirbt. Ihr könnt weder einen schnellen Angriff befehlen, noch Rückzugsbefehle erteilen, ihr könnt keine Truppen zur Verteidigung aufstellen (außer ihr baut einen Verteidigungsturm an dafür vorgesehene Orte und platziert eine Einheit darin) und ihr könnt somit vor allem kein großes, mächtiges Heer aufbauen, welches gesammelt angreift. Was sich im ersten Moment sehr limitiert anhört, entwickelt aber nach und nach seinen ganz eigenen Charme. Zu Beginn ist es gerade für Strategiespiel-Kenner ungewohnt, keine Kontrolle über seine Truppen zu haben, aber mit der Zeit erkennt man gewisse Regeln und lernt, die verschiedenen Einheiten sinnvoll einzusetzen. Nicht alle Einheiten laufen gleich schnell, also kann man Truppen bewusst zeitversetzt loslassen, man kann Zweikämpfe, die ja auch etwas Zeit in Anspruch nehmen, mit einberechnen und so sammelt sich dann doch vielleicht eine größere Armee an.

Dennoch bleiben die Eingriffsmöglichkeiten des Spielers stark beschränkt, wenn sich die Entwickler nicht die Mana-Kraft zusätzlich ausgedacht hätten. Neben der Goldwährung braucht ihr euch zwar nicht wie bei Anno auch noch um Holz, Eisen oder Stein zu kümmern, aber euren Mana-Wert müsst ihr im Auge behalten. Dieser regeneriert sich stetig, aber langsam von selbst und gibt euch die Möglichkeit, verschiedene Zauber für euch zu beanspruchen. Auch diese müssen erst im Tech-Baum freigekauft werden, dann sind sie per Button am oberen Bildrand direkt zu erreichen. Die Wikinger verfügen beispielsweise über den netten Trick, eine Einheit wieder zu heilen, andere Völker hingegen hantieren mit kurzzeitiger Unverwundbarkeit, aber auch mit offensiven Strategien wie Feuerpfeilhagel oder fliegenden Drachen. Da ihr Ort und Zeit dieser Angriffe und Defensivmaßnahmen vollständig selbst zu entscheiden habt, seid ihr die meisten Zeit über damit beschäftigt. Währenddessen darf aber auch die Flut an Kriegern nicht nachlassen und muss in ausgewogenem Verhältnis zum Gegner stehen, sodass gerade in den späteren Levels einiges an Hektik aufkommt. Leider neigt das Spiel in den letzten Missionen dazu, euch stumpfsinnig unendlich viele Gegner entgegenzuschicken, sodass es manchmal beinahe ermüdend sein kann, wenn sich beide Armeen gegenseitig aufheben. Die 2D-Umgebungen punkten dann auch nicht gerade mit Abwechslungsreichtum, da außer mancher oben-unten-Entscheidung nichts Spannendes auf den Wegen zum Gegner passiert. Gerade dann bedarf es eines kühlen Köpfchens und der eine oder andere Trick muss aus dem Hut gezaubert werden. Das kann aber nicht darüber hinweg täuschen, dass wir es hier mit einem etwas vereinfachten Spielprinzip zu tun haben, das teilweise einfach seine spielerischen Grenzen aufgezeigt bekommt.

Neben den Feldzügen warten noch zwei weitere Modi auf den Einzelspieler. Im „Geplänkel“ dürft ihr euch für ein Volk entscheiden und gegen ein beliebiges anderes antreten, dass die CPU übernimmt. Noch fix den Schwierigkeitsgrad eingestellt und los geht die muntere Balgerei. Die „Prüfungen“ sind ganz spezielle Events, die nur entfernt an das Hauptspiel erinnern. Bei „Durchhalten“ muss man ganz wörtlich einfach nur mit einer kleinen Truppe so viele Angriffswellen wie möglich überstehen, während ihr bei „Berserker“ einem hoffnungslos in sein Verderben Rennenden beistehen müsst mit verschiedenen Mana-Zaubern wie Schild, Heilung oder Blitzschlag. Zuletzt lasst ihr bei „Felsbrocken“ eine Spezialattacke vom Stapel. Wie auch im richtigen Gefecht beginnt ein Stein von eurer Basis aus über das Spielfeld zu rollen und ihr müsst ihn durch Drücken von „A“ über die eigenen Leute hinwegspringen, aber die Gegner plätten lassen. In diesem Minispiel werden getroffene Gegner und eigene Leute aufgerechnet und so eine Highscore-Liste erstellt. Wem das alles noch nicht genug Inhalt ist, darf während der Feldzüge auch noch auf Erfolgsjagd gehen und 25 besondere Aktionen schaffen. Da sollen mehr als 50 Einheiten gleichzeitig kontrolliert werden, ein Turm in der Bauphase abgerissen werden oder ein Felsen geschleudert werden, der keiner eigenen Einheit schadet.

Last but not least gibt es sogar einen vollwertigen 2-Spieler-Modus. Dieser ist außerordentlich gut gelungen und bringt alles mit, was auch das Hauptspiel zu bieten hat. Bei horizontal geteiltem Bildschirm bekriegen sich zwei Spieler mit dem Volk ihrer Wahl auf neun unterschiedlichen Karten (je drei kleine, mittlere oder große) und setzen dabei alles ein, was man auch aus den Missionen so kennt. Gegen einen menschlichen Gegner funktioniert das Ganze einfach nochmal eine Schippe besser und es können sich herrlich verbissene Matches gegen eure Freunde entwickeln. Voraussetzung ist allerdings, dass euer Gegenüber das Spiel einigermaßen kennt und am besten ebenfalls einige Solo-Missionen bereits abgeschlossen hat, ansonsten werden beide nicht viel Spaß daran haben. Einziger Wermutstropfen: der fehlende Online-Modus für chronische Stubenhocker ohne Freunde.

Technisch ist das Spiel den Entwicklern tadellos gelungen. Die Grafik präsentiert sich in einem charmanten Zeichentrick-Look, die Charaktere sind detailliert und witzig animiert und die verschiedenen Welten zeichnen sich jeweils durch ganz eigene Charakteristika aus. Trotz aller Verspieltheit bleibt alles übersichtlich und vor allem flüssig. Die Hintergrundmusik ist dabei ebenfalls hervorragend gelungen und bietet tiefgehende Melodien, die richtig gut ins Ohr gehen und niemals langweilig werden. Ihr Pathos ist aber angesichts der witzigen und abstrusen Geschichte beinahe ein wenig deplatziert.

Fazit:
Swords & Soldiers ist einer der komplexesten Titel für WiiWare bisher und zeigt eindrucksvoll, dass auch das auf dieser Plattform funktionieren kann. Obgleich das Spiel durch die 2D-Perspektive gegenüber anderen Strategiespielen simplifiziert worden ist, macht gerade dieser mutige Schritt das Frische und Neue am Konzept aus. Nicht jedem wird gefallen, dass man keine Kontrolle über losgeschickte Einheiten hat und manchem werden die letzten Level mit ihrer etwas planlosen Hektik ermüden, aber alle werden sich letztlich eingestehen, dass den Entwicklern hier auf WiiWare ein großes Stück Software gelungen ist. Swords & Soldiers punktet durch seine charmante Aufmachung, durch das frische Spielprinzip mit echtem Taktikeinschlag, das tolle Einheiten-Balancing, den vielfältigen Aufgaben und dem tollen 2-Spieler-Modus. Wer nur ein ganz klein bisschen was mit Strategiespielen anfangen kann und ein komplexes Spiel für WiiWare sucht, ist hier mit Sicherheit genau richtig. (Hendrik)

Pluspunkte:
+ Strategiespiel in 2D, das funktioniert
+ abwechslungsreiche Einheiten
+ gute Balance bei Einheitenstärke
+ Mana-Feature
+ charmante Charaktere
+ toller 2-Spieler-Modus
+ schöne Melodien und gute Grafik
+ tolle deutsche Lokalisation

Minuspunkte:
- keine direkte Einheitenkontrolle…
- …dadurch Limitierung im Spielablauf
- einige Missionen allzu langwierig
- Mehrspielermodus leider nicht online
- Leveldesign in weiten Teilen eintönig

Wertung:
Einzelspieler: 8,5
Mehrspieler: 8,5

Screenshot 1

Screenshot 2

Preis: 1000 Nintendo Punkte

news@mag64.de (27.09.2009)

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